Anfang Juli bekamen wir eine Anfrage von Lehrerin Monica, ob wir die Fahrtkosten für den Ausflug der größeren Kinder in den Tierpark in Nanyuki finanzieren könnten. Eintrittsgebühr und Lunchpakete werden von den Eltern übernommen.
Wir waren uns im Vorstand sofort einige, diese Eigeninitiative des Kindergartenteams zu unterstützen. Aus eigenem Erleben wussten wir, wie wichtig es gerade in einem Land wie Kenya ist, das Bewusstsein für Naturschutz und die einheimische Großtierwelt zu fördern. Die aggressive Diskussion zum Thema „Wolf“ in Deutschland mutet oft wirklich unverständlich an im Gegensatz zu den Wildtierkonflikten einer stark wachsenden Bevölkerung in Afrika und dem Kampf dort um knappe Ressourcen. Jedes Kindergartenkind kann die noblen Land Rover mit Touristen sehen, die jeden Tag auf ihrem Weg in den nördlicher gelegenen Samburu-Nationalpark durch Timau brausen. Und jedes Kind weiß, dass solche Touren nur für die „reichen Weißen“ sind – jenseits des Erreichbaren. Deshalb sind die in Europa geführten Rassismusdebatten für uns auch oft nicht ganz nachvollziehbar: weil uns solch erniedrigenden und ständig wiederkehrenden Alltagserlebnisse fehlen, die sich in Afrika eben meist an der Hautfarbe festmachen.
Umso anrührender ist es immer wieder zu sehen, wie verbunden die einheimischen Tierpfleger mit den Tieren umgehen, die ja durchaus auch reale Nahrungskonkurrenten sind. Und so war es auch ganz selbstverständlich, dass nicht nur Klassenlehrerin Rose mit den Kindern auf Tour ging, sondern das ganze Team. Die kleineren Kinder hatten dann halt frei – und freuen sich sicher schon mal auf das nächste Jahr!
Auch der Kenianische Staat hat die Wichtigkeit dieser Bildungsinhalte erkannt und bietet verstärkt solche Angebote – abgestimmt auf die jeweiligen Altersstufen – an. In den Genuss kommen aber meist nur die Schüler der Privatschulen mit zahlungskräftigen Eltern.
Und hier nun der Bericht von Lehrerin Rose:
„Die Kinder kamen schon ganz früh in die Schule, fertig für den Ausflug. Sie fragten immer wieder, wann der Bus kommen würde, um die Tiere zu sehen. Als sie die zwei Kleinbusse kommen sahen, fingen sie an, auf und ab zu springen. Sie lachen und klatschen in die Hände. Als sie dann einstiegen, waren sie so glücklich, weil jeder von ihnen seinen eigenen Platz hatte.
Im Wagen konnten sie nicht ruhig bleiben. Als wir in Timau ankamen, wurden beide Busse irgendwo geparkt, weil wir das Lunchpaket abholen wollten. Einige Leute kamen vorbei, um diese glücklichen Kinder zu sehen. Sie wurden gefragt, wohin sie denn gingen, und mit lauter Stimme sagten alle, dass sie Tiere sehen würden, die im Wald in Nanyuki leben. Sie konnten den Ort „Kenya Wildlife Conservancy“ nicht sagen und haben sich deshalb für eine einfachere Erklärung entschieden, was in Ordnung ist.
Während wir weiterfuhren, stellten sie immer wieder Fragen wie: „Wo sind wir? Um wie viel Uhr werden wir die Tiere sehen? Wo sind sie? Werden sie uns fressen?“ Also mussten wir all diese Fragen beantworten. Die Kinder hatten so viele Fragen!!
Als wir ankamen, stiegen alle eilig aus dem Van, um diese „wilden Tiere“ zu sehen. Zum Glück hatten wir eine nette Dame, die uns durch den Park führte und den Kindern die Tiere erklärte. Wir sahen sogar einige Wazungus (einheimischer Name für Menschen mit weißer Hautfarbe), die auf Pferden ritten und die Büffel beobachteten. Wir beobachteten die Büffel lieber vom Bus aus (Büffel gelten als sehr gefährlich). Wir sahen sogar das Warzenschwein in der Nähe der Büffel. Es ist, als wären sie Freunde. Wir hielten uns ruhig, weil wir keinen Ärger mit den Büffeln haben wollten.
Nach ein paar Metern sahen wir die Zebras. Die Kinder erkannten es, weil es aussah wie das Tier, das wir auf unserem Buchstabenplakat im Klassenzimmer haben. Sofort fingen alle an, „Z wie Zebra“ zu singen. Wir fragten sie, welches Haustier wie ein Zebra aussieht und sie sagten „der Esel“. Wir gingen dann weiter und sahen wilde Tiere. Dann sahen wir weiter den Mountain Bongo (eine Antilopenart, für am Mount Kenya ein Erhaltungszuchtprogram existiert).
Im Inneren des Parks gab es einen eingezäunten Bereich, in dem sich die Besucher ausruhen und zu Mittag essen konnten. Wir sahen einige Schüler einer anderen Grundschule, die zusammen mit ihren Lehrern sangen und im Park tanzten. Es hat Spaß gemacht, ihnen dabei zuzusehen. Als sie weggingen, beschlossen wir, dort zu Mittag zu essen. Als unsere Kinder sahen, dass wir hübsch verpackte Pommes und ein gekochtes Ei mitgebracht hatten, sahen sie sich mit einem Lächeln im Gesicht an. An ihrem Gesichtsausdruck erkannte ich, dass sie zu sich selbst sagten: „Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat!“ Es machte große Freude, sie zusammen essen zu sehen, wie sie sich gegenseitig anlächelten.
Dann ging es zurück zu den Bussen. Die Kinder fühlten sich wie VIPs (d.h. sehr wichtige Menschen). Wir teilten ihnen mit, dass unsere Zeit im Park vorbei ist und wir nach Hause zurückkehren müssen. Sie saßen wieder alle auf ihren jeweiligen Plätzen.
Auf der Heimfahrt hielten wir noch ein paar Minuten in Nanyuki (Kreisstadt, 30 km von Timau entfernt) an und die Kinder freuten sich, die Stadt zu sehen. Viele von ihnen waren noch nie in Nanyuki. Wir fuhren zurück zur Schule und gaben ihnen wieder Brot und Limonade zu essen. Das war eine große Hilfe, da sie darauf warteten, dass ihre Eltern von der Arbeit kamen und das Abendessen zubereiteten. Einige Eltern kamen und holten ihre Kinder von der Schule ab.
Bevor wir zur Tour gingen, erzählten uns einige Eltern, dass ihre Kinder von nichts anderem als von der Tour erzählten. Also mussten diese Eltern für sie bezahlen. Zweitens sagten die Eltern, dass ihre Kinder sich in der Schule sehr anstrengen und sie sie belohnen wollten, indem sie für die Tour bezahlen. (Anmerkung: wir sprechen im Allgemeinen vom Kindergarten, da die Einrichtung die Altersstufe 4 bis 6 Jahre betreut. In Kenya wird aber von Vorschule / ortsüblich „Schule“ gesprochen) Die Eltern sind den Sponsoren dankbar, dass sie die Reise zu einem Erfolg gemacht haben!!“
Unser Verein besteht nun seit fast 16 Jahren und auch wir haben uns entsprechend weiterentwickelt. Da es zurzeit keine jugendlichen Aktivisten im Vorstand gibt beschränken wir uns in unserer Arbeit auf die solide Weiterführung der Schulspeisung, des Nachhilfeunterrichtes und auf Reparaturarbeiten der mit unseren Mitteln errichteten Gebäude.
Gerne fördern wir zusätzlich auch Aktionen, die von den Mitarbeitern selbst initiiert und durchgeführt werden, wie dieser Ausflug. Wichtig ist dabei immer auch eine finanzielle Beteiligung der Elternhäuser, wo diese nicht geleistet werden kann, unterstützen wir in enger Absprache mit der zuständigen Lehrerin.
Wir sind davon überzeugt, dass respektvolle Diversität und Kooperationsfähigkeit auf beiden Seiten unabdingbar für die Zukunft sind. Dies kann aber nicht durch Meinungsbekundungen oder Forschungsberichte erreicht werden, sondern immer nur durch Handeln und gelebte Erfahrungen.
Durch Ihre finanzielle Unterstützung machen Sie dieses Handeln erst möglich – wir geben die daraus gewonnenen Erfahrungen deshalb gerne an Sie zurück!